Recruitment ist ein weites und vor allem ein wichtiges Themenfeld. Und spätestens seitdem das Thema Fachkräftemangel den Unternehmen immer mehr Schwierigkeiten bereitet, ist es umso dringender, wirklich effektives Mitarbeitenden Recruiting zu gestalten.
Auch hier, bei den Methoden der Personalauswahl, stellt sich aktuell die Frage: Kann dies auch eine KI, eine Software leisten? Dieser Artikel befasst sich u.a. mit einer Einschätzung dazu.
Das Job Recruiting bedeutet und umfasst u.a. folgendes:
- Als Unternehmen gezielt und in attraktiver Weise auf sich aufmerksam zu machen, damit die Stellenanzeigen auch von den tendenziell passenden Menschen gefunden werden
- Die Stelle so auszuschreiben, dass sie attraktiv und klar genug ist, um gerade die Fachkraft und Führungskraft anzusprechen, die möglicherweise schon ein gut geeigneter Kandidat/ Kandidatin wäre
- Und dann natürlich den gesamten Auswahl-Prozess an sich:
von der Einladung über das erste Gespräch, bis hin zu einem bis zum Ende klar strukturierten und professionell gestalteten Recruitingprozess
Aus diesem dritten Bereich nehmen wir uns jetzt nur mal das Thema „Anforderungen“ für eine bestimmte Stelle und Funktion heraus. Und wie man das gegenseitig herausbekommen könnte, ob ein Bewerbender für diese Anforderungen geeignet und damit für die Stelle passend sein könnte. Denn beide Seiten haben ja in der Regel das Interesse, eine gute Passung zu erreichen, um Arbeitszufriedenheit herzustellen und gute Arbeitsleistung zu erreichen.
Und hier ist es wie bei der Gartenarbeit: Man erntet, was man säht.
Schon einmal vorweggenommen:
Die meisten Verfahren und Tests, die in Unternehmen heute immer noch regelmäßig in Auswahlprozessen angewandt werden, können nachweislich berufliche Leistungen nur sehr schlecht vorhersagen:
nur 0 – 5 % Vorhersagewahrscheinlichkeit.
Man weiß das zum Teil sogar, und nutzt sie trotzdem.
Möglicherweise ist dies bereits der erste Schritt in ein ineffektives Job Recruiting.
Machen Sie es besser!
Was ist die Basis von professionellem Recruiting – Personalauswahl?
Gerade auch die Fachkräfte und Führungskräfte der jüngeren Generationen wollen „eine gute Zeit bei der Arbeit verbringen können“. Und das ist ein legitimer Anspruch, wie wir finden. Man möchte sich wohlfühlen können, gemeinsam lernen und coachend begleitet werden und das tun, was einem intrinsische Tätigkeitsfreude bereitet! Es geht weniger um extrinsische Bonussysteme, die eher kurzfristiger und nicht so intensiv motivieren.
Nachweislich ist auch das Leistungsniveau dann am stärksten, wenn Arbeit Freude macht. Es entsteht dann auch kein so hoher negativer Stress – der unsere Leistungsfähigkeit wieder hemmt. Alles gute Gründe dafür, auch auf die Bedürfnisse, Motive und Werte auf beiden Seiten in Auswahlprozessen zu hören und diese miteinander abzugleichen.
Diese Grundhaltung passt gut zum professionellen Recruiting und zur systemischen Haltung und Arbeitsweise.
Warum?
- Professionelles Recruiting geht individuell vor und sieht die komplexe individuelle Persönlichkeit auf allen Ebenen, auch und gerade den psychologischen, und arbeitet damit
- Professionelles Recruiting geht davon aus, dass es eine gute Passung zwischen der individuellen Persönlichkeit, intrinsischer Motivation und den Anforderungen der Funktion und Rolle auf Verhaltensebene braucht
- Professionelles Recruiting bedient sich daher moderner wissenschaftlicher, psychologischer Verfahren und geht eben nicht nach „Schema F“ vor
- Professionelles Recruiting arbeitet bereits mit den Lern-Potentialen des Menschen
Die individuellen Anforderungen bestimmen – Bsp. Führungskompetenzen
Wer im Vorfeld keine gute „Anforderungsanalyse“ für die Stelle durchführt, hat möglicherweise bereits keinen guten Nährboden für alles weitere gelegt. Dazu bedarf es einiges an Wissen, was unserer Ansicht nach eine kompetente Personalentwicklung leisten können müsste.
An dieser Stelle weisen wir auf einen möglichen Weg hin, wie erst mal die Anforderungen, z.B. in Führung, bestimmt werden können. Denn ohne konkrete Ableitungen „aus der Praxis für die Praxis“ auf Verhaltensebene, bleibt alles nur theoretisch. Reine „Worthülsen“ beschreiben nicht, was „gute Führung“ nun eigentlich genau ist und sein soll für das spezielle System, in dem die Menschen arbeiten.
Daher werden erst einmal Kategorien und Dimensionen gebildet, was es eigentlich an Kompetenzen auf der Führungsposition genau bedarf.
Es entsteht ein spezifisches „Anforderungsprofil“ (Kompetenz Profil) kombiniert mit Fragen:
Was bedeutet z.B. „erfolgreiches Führungsverhalten“ in dem speziellen System?
Wie viele Punkte muss ein Bewerbender erreichen auf der jeweiligen Dimension?
Dies zeigt ein sogenanntes „Kompetenzraster“.
Dann werden Strukturierte Interviews auf Basis des „Anforderungsprofils“ geführt.
Vorher sollte also entschieden werden:
-Welche Fragen stelle ich gezielt um diese Kompetenz rauszubekommen?
-An welcher Antwort erkenne ich es?
Wenn dies alles professionell geschieht, dann steigt die Vorhersagbarkeit, dass es passt mit der Person auf der Stelle, auf 50 % Prognosegüte!
Die Methoden, um diese Frage zu beantworten:
„Was bedeutet „erfolgreiches Führungsverhalten“ in unserem speziellen System?“
könnten sein:
- Intuitives Vorgehen (Führungskräfte befragen z.B.)
Vorsicht, dass es nicht zu theoretisch und bei nur einseitigen Perspektiven bleibt!
- Fragebögen (eher bei Stellen wie z.B. MaschinenführerInnen möglich)
- Methode „der erfolgskritischen Ereignisse“
Interviews mit Stellenbesetzenden/ Arbeitsplatz ExpertInnen und dem näheren Umfeld (3-6 Einzelinterviews) führen
Diese letzte Methode arbeitet sehr nah an der Praxis mit der Frage:
Was genau sind erfolgskritische Ereignisse?
Was genau macht die Führungskraft also beispielsweise beim:
– Empathisch auftreten
– Kritik bzw. Potentialgespräche führen
– Unter Druck mit Komplexität umgehen
– Widerstände, divergente Meinungen aushalten
– Kommunikation in Gang bringen und koordinieren
– Sich an wichtigen Stellen auch zurückhalten und Kontrolle abgeben
…
Die Betroffenen werden gefragt:
Was halten Sie in diesen Situationen für erfolgreich/nicht erfolgreich?
Durch welches Verhalten genau wird das jeweils erkennbar?
Daraus, aus den Verhaltensweisen, werden dann die „Kompetenzdimensionen“ (Kompetenzraster) abgeleitet… Und damit die KONKRETE Definition von „gutem und weniger guten Führungsstil“ im individuellen System. Danach wird dann gezielt im Gespräch gefragt und es werden danach die Antworten und das Verhalten des Bewerbenden eingeschätzt und die Bewerbenden strukturiert untereinander verglichen.
Unstrukturierte Verfahren und das Bauchgefühl sind oftmals keine guten Ratgebenden in diesem Fall.
Ist der KI Einsatz in der Personalauswahl aktuell sinnvoll?
Selbstlernende Maschinen sind nicht „neutral“. Sie spiegeln nachweislich die Vorurteile der Menschen, mit deren Erzeugnissen sie gefüttert werden. Das heißt, dass sie voreingenommen sind und Stereotype reproduzieren…
Verzerrungen resultieren aus den Trainingsdaten, die in vielen Fällen automatisch gesammelt werden, indem das KI System das Internet durchforstet. Und dort lernt es dann eben beispielsweise, dass gutbezahlte Stellen eher Männersache sind. Nicht von ungefähr stuft der 2024 verabschiedete AI Act der Europäischen Union das Sortieren von Bewerbungen als Risikoanwendung ein, für die strenge Kontrollen vorgeschrieben werden.
Software KI im Recruiting Prozess kann sicher dann gut sein, wenn unabhängige valide Studien vorliegen, die belegen, dass die KI sinnvoll entscheidet. Aktuell ist dies unseres Wissens nach noch nicht der Fall.
Ein Beispiel:
In Unternehmen werden leider immer noch in der Regel sogenannte „typologisierende“ Verfahren der Persönlichkeitsdiagnostik eingesetzt. Dazu gehören solche Verfahren wie die Big Five, DISG, MBTI etc pp. Also die immer noch gängigen in Unternehmen. Die KI nutzt und repliziert diese Informationen.
Da diese Tests nachweislich berufliche Leistungen nur sehr schlecht vorhersagen können – nur 0 bis 5 % Vorhersagewahrscheinlichkeit – misst die KI Software also irrelevante Dinge.
Dazu kommt ein zweiter Faktor:
Die KI arbeitet zudem mit Daten, die oftmals das intuitive Bauchgefühl von Menschen repliziert. Und das ist, wie wir aus vielen psychologischen Studien wissen, sehr „störanfällig“ bzw. primär subjektiv geleitet in Bewerbungsprozessen und Einstellungsinterviews, weil auch hier die Vorhersagbarkeit auf Leistung oftmals nicht valide ist:
- z.B. ist eine extravertierte Körpersprache, also eine visuelle Info, kein Garant auf ein Persönlichkeitsmerkmal X und damit auch nicht auf eine Leistung X
- das „Bauchgefühl“ überschätzt generell visuelle Reize und Infos,
z.B. weil der „Ähnlichkeitseffekt“ und der „Halo Effekt“ eine große Rolle spielen (wir mögen Menschen, die uns ähnlicher sind – und manche Merkmale, z.B. extravertiertes Auftreten „überstrahlen“ alles und damit auch andere wichtige Infos zur Person)
Das Bauchgefühl lässt sich zum Beispiel auch dadurch „täuschen“, indem man beispielsweise einfach mal die Schminke oder Frisur wechselt… 😉
Fazit: Das Bauchgefühl und auch die eindimensionalen Verfahren in der Personalauswahl beinhalten Urteilsfehler, die die KI übernimmt.
Mehrdimensionale Potentialanalysen in Auswahlprozessen
Aus diesen und noch mehr Gründen heraus empfehlen wir psychologische Auswahlprozesse, die mehrdimensional angelegt sind und der Komplexität der Menschen und deren Kompetenzanalysen auf Verhaltensebene besser gerecht werden können. Wie z.B. die PSI Potentialanalyse: Persönlichkeitscoaching aus Münster (PSI Analyse)
Auf dieser Basis können Menschen auch bereits, zusammen mit den Entscheidenden in der Personalentwicklung, das Thema „Kompetenzaufbau“ und individuelle Lernprozesse direkt mitdenken. Denn in der Regel findet man eben nicht DIE 100 % Passung. Und Dinge verändern sich immer schneller, so dass das Thema innovatives Lernen eine immer größere Rolle spielt.
Das macht aber auch alles nichts, wenn man eine lernende Organisation ist, sich so definiert und die Weiterbildung auf Basis von intrinsischer Motivation erst nimmt und schätzt.
Auch das Thema Verhaltensänderung, zB im systemischen Business Coaching, ist ein sehr wichtiges, zu dem es ebenfalls viel Wissen bedarf.
Wir brauchen dafür den Veränderungswillen, die Kompetenz und die Möglichkeiten, Ressourcen. Alles will gut miteinander abgewogen und diskutiert werden. Auch der Lernkontext ist – neben den individuellen Veränderungsmöglichkeiten – ein sehr entscheidender!
Hier gilt es generell und sehr konkret auf die Lernkultur des eigenen Unternehmens zu schauen. Das ist ein nächstes Thema. Denn alles hängt mit allem systemisch zusammen…
Wo wollen Sie beginnen?
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Hier geht es zu weiteren Infos:
Systemische Führungskräfteentwicklung