Vertrauenskultur im Unternehmen

Vertrauenskultur – das „geheime Kapital“ im Unternehmen 

Entweder man tut es oder man tut es nicht: zu vertrauen. Nur halb vertrauen geht nicht. Zu vertrauen ist ein Phänomen, das oftmals recht „absolut“ von uns Menschen gesehen wird.
 
Jeder von uns kennt es, wie es ist: Vertrauen langsam aufzubauen, die Enttäuschung des Verlusts von Vertrauen (z.B. durch Vertrauensbruch) und wie schwer es dann ist, erneut zu vertrauen… und was dies für Konsequenzen – bis hin zur Trennung – haben kann.

 

„Geheimes Kapital“ Vertrauen 

Über „Vertrauen“ und „Vertrauenskultur“ wird in Unternehmen aus meiner Erfahrung viel geredet, oftmals leider nur oberflächlich – also wenig konkret, da es ein sehr sensibles Thema ist. Konkret geschieht es eher vor vorgehaltener Hand, „im Geheimen“, und sehr oft nicht an den Betreffenden direkt gerichtet. Es wird ja auch tendenziell als harter Angriff gewertet zu sagen: „Ich vertraue dir nicht.“ Dies in der Art und Weise zu formulieren, das nehmen viele Menschen nicht gern für sich in Anspruch. 
Es scheint zudem ein unbewusster, irgendwie intuitiver Prozess zu sein, ob man sich vertraut – ob Mitarbeiter ihren Führungskräften und dem Unternehmen vertrauen oder nicht.

Das muss aber nicht so sein. Es hat viele Vorteile sich durchaus sehr bewusst, transparent und vor allem konkret mit diesem Thema auseinanderzusetzen und darüber zu sprechen. 

 

Vor allem Geschäftsführende und Führungskräfte sollten sich sehr genau fragen:

    • Was meint „Vertrauenskultur“?

    • Was ist daran eigentlich so wichtig?

    • Wie steht es darum in meinem Unternehmen?

    • Und wie baut man diese Kultur im System auf bzw. weiter aus – wenn es manchmal schon recht schwer erscheint, bereits einzelnen Kollegen und Kolleginnen zu vertrauen?

Dies hat sehr viel mit bewusster Wahrnehmung und Selbstreflexion zu tun. Denn die Führungskräfte sind immer Vorbilder und werden daran gemessen, wie sie sich verhalten.
Wie vertrauen Sie selbst Ihren Leuten? Dies ist eine interessante Frage, nicht nur beim Delegieren von Aufgaben.

 

Vertrauen ist ein Geschenk 

Ich halte es für sehr notwendig, sich immer wieder klar zu machen, dass man Vertrauen nicht wie irgendwelche Aufgaben einfach verordnen kann.

 

„Königreiche lassen sich erben; Länder erfechten; Verdienste kaufen –
aber mein Zutrauen schenk‘ ich nur dem, dem ich es schenken will“

 

Und genau dies macht das Thema Vertrauen auch so wertvoll und erstrebenswert. Man könnte sagen, dass eine „Kultur des Vertrauens“ im Unternehmen ein „kollektives Geschenk“ an alle Systemmitglieder untereinander und die Führungskräfte ist. Nämlich der Glaube, dass diese Menschen mit guter Absicht gute Entscheidungen für alle Beteiligten im System treffen. Und wenn mal keine guten Entscheidungen getroffen werden, dann sollte dies bestenfalls nicht direkt zu einem herben Vertrauensverlust führen. Wenn die „Vertrauens- und Fehlerkultur“ stimmt, dann passiert dies auch nicht. Dann stehen die Menschen weiterhin hinter den Entscheidern. Denn Fehler passieren – solange dies ohne bösen Vorsatz geschieht.

Man könnte also auch die Hypothese und Frage aufstellen:
Wenn bei jedem Fehler gleich „die Welt zusammenbricht“ und die Menschen dann nicht mehr vertrauen, gibt es dann überhaupt ein starkes Grundvertrauen im System?
Wahrscheinlich nein.
Weiterhin könnte man sich als Verantwortlicher dann fragen:

Wie kann ich dies ändern und einen Unterschied machen?

 

Was es u.a. braucht für eine echte „Vertrauenskultur“ ist Folgendes:

    • Vertrauen wirklich ernsthaft und mit vollem Interesse zum Thema machen

    • Klare Regeln zu formulieren und einzuhalten, auch mit entsprechenden Konsequenzen, damit psychologische Sicherheit entsteht 

    • Eine angstfreie Gesprächs- und Fehlerkultur zu fördern

    • Immer wieder Vertrauensvorschuss zu geben 
      (zum Beispiel durch ernst gemeintes Zutrauen beim selbstorganisierten Arbeiten/ Delegieren)

Dies sind Themen, mit denen sich Geschäftsführer und Führungskräfte unbedingt beschäftigen sollten im Rahmen der sogenannten „Vertrauenskultur“.

 

Vertrauen als Basis für Leistung und Kompetenz

Die Begegnung von zwei völlig Fremden beschäftigt Psychologen seit Jahren. In den kurzen Momenten des noch unvoreingenommenen Kontakts liegt enormes Potenzial: ein tiefer Blick, ein Lächeln, ein paar Worte – das kann schon viel über einen Menschen aussagen. Wir wägen ab, ob aus dem Gegenüber ein Rivale wird oder ob er als Freund, Kollege oder gar Partner taugt.

 

Die zwei Fragen, die im Kern wichtig sind: 
Können wir der Person vertrauen? (Wärme) 
Können wir sie respektieren? (Kompetenz)

 

Psychologen bezeichnen diese Eigenschaften als „Wärme und Kompetenz“. Vertrauen, also die „Wärme“ zwischen zwei Personen, war und ist entwicklungsgeschichtlich wichtiger als Kompetenz:

Kompetenz zählt ohne Vertrauen nur wenig. Denn wir brauchen die psychologische Sicherheit und sind zugleich „Rudeltiere“, die die Verbundenheit suchen und brauchen. 

Auf Dauer kann ich zwar mit einem Partner zusammen sein, der mir imponiert und kompetent auftritt, aber es wird immer irgendetwas fehlen in der Beziehung, wenn die „Wärme“ nicht stimmt. Auch unter Kollegen ist dies ein bekanntes Phänomen. Man hört nicht selten: „Den Kollegen respektiere ich, der arbeitet gut. Aber „warm“ werde ich mit dem leider nicht. Lieber arbeite ich daher mit Kollege Müller, das macht mir definitiv mehr Freude!“ Und genau dieses „lieber arbeiten“ bringt einen Leistungsturbo ins System! Denn wer Freude an der Arbeit hat, der bringt bessere Leistung. Deshalb sind leistungsstarke Teams auch oftmals ebensolche Teams, in denen – neben der Kompetenz – auch das Vertrauen, die Wärme untereinander stimmt. Leistungsbereitschaft und Vertrauen hängen also nachweislich eng miteinander zusammen. 

Zudem wirkt noch folgender Punkt: Wird Vertrauen in Menschen gesetzt, können sie besser werden! Denn Vertrauen geschenkt zu bekommen, wirkt direkt auf das Selbstwertgefühl. Menschen schätzen sich dann auch selbst als kompetenter ein und steigern ihr Gefühl der Selbstwirksamkeit und Selbstkompetenz. Das eigene Zutrauen hilft dem Selbstvertrauen. Und mit einer selbstsicheren Haltung gehen einem die Dinge doch schon viel erfolgreicher von der Hand!

Dies bedeutet für kleine und große Teams, in den Austausch zu gehen über Vertrauensphänomene. Sich zu trauen einen ehrlichen und offenen Dialog zu führen, um die Potentiale gezielt zu heben, die in dem psychologischen Phänomen des Vertrauens liegen!  

 

Vertrauensdialoge führen 

Und genau hier liegt oftmals die Schwierigkeit: den Mut zu haben einen offenen Dialog zu führen. Und sich dann auch stimmig zu verhalten. Denn nur halb vertrauen, funktioniert wie gesagt nicht. „Hinten rum“ wieder zu kontrollieren, und wenn auch nur „ein wenig“, sendet das Signal des Misstrauens, z.B. in die Kompetenz oder die ehrliche Absicht des Gegenübers.
 

Wir unterscheiden folgende Phänomene, über die man sprechen kann:

    • Vertrauensaufbau zu Beginn

    • Vertrauensprozesse, die bereits laufen

    • Umgang mit Vertrauensverlust

    • Wiederaufbau von Vertrauen 

In all diesen Phasen brauchen wir eine individuelle Auseinandersetzung mit dem Thema Vertrauen.

Um sich psychologische Sicherheit für den Prozess des Vertrauensaufbaus zu verschaffen, hilft es, immer wieder miteinander im Gespräch zu sein. Folgende Fragen sind eine Anregung, wie Sie in den Dialog treten können.
 

Mögliche Fragen im Vertrauensdialog mit den Mitarbeitern/ im Team:

    • Was brauchst du von mir, um mir zu vertrauen?

    • Was brauche ich von dir, um dir zu vertrauen (und nicht das Gefühl zu haben, dass ich dich kontrollieren sollte/müsste)?

    • Was brauchst du von anderen, um ihnen zu vertrauen?

    • Inwieweit und wodurch hat sich bereits gezeigt, dass wir einander vertrauen können?

    • Was können wir uns jeweils als „Vertrauensvorschuss“ geben (in Delegation z.B.)?

    • In was genau will ich vertrauen? 
      Was macht es mir ggf. in dieser Sache schwerer? 
      Was kann es mir/uns leichter machen?

    • Was könnte möglicherweise passieren, dass wir uns (wieder) misstrauen?

    • Was tun wir dann konkret?

    • Was passiert/ wie gehen wir damit um, wenn „Fehler“ (Vertrauensverlust) trotz aller Vorkehrungen passiert?

    • Was sind mögliche Konsequenzen und Entscheidungen daraus?
       

Trauen Sie sich über das sensible Thema Vertrauen zu sprechen. Es lohnt sich immer! 

 

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